Liebe Sybille,
zunächst einmal vielen Dank, dass Du Dir die Zeit nimmst und mir zu einem Interview bereitstehst. Auf der 1. Stuttgarter Buchmesse warst Du mit Deinem Schwaben Krimi „Körschtalrache“ vertreten gewesen. Magst Du kurz erzählen, um was es in dem Krimi geht?
Körschtalrache ist der 11. Band meiner Krimi-Reihe um den Kriminalhauptkommissar Andreas Brander, der gemeinsam mit seiner Kollegin Persephone Pachatourides bei der Kripo Esslingen zwischen Albtrauf und Neckartal ermittelt. Also was für Serienjunkies 😉 Keine Sorge: Alle Fälle sind in sich abgeschlossen, ein Quereinstieg ist jederzeit möglich.
Im aktuellen Fall wird ein neunzehnjährigen Mann tot auf einem Esslinger Friedhof aufgefunden, auf dem auch die Mutter des Toten zwei Jahre zuvor begraben wurde. Der Mann wurde mit einem Bolzen aus einer Armbrust erschossen. Erste Ermittlungen führen die Kommissare zu einem Unfall, in den der Tote drei Jahre zuvor verwickelt war. Doch dann gibt es ein ähnliches Tötungsdelikt mit einem Armbrustschützen in der Nähe von Heidelberg. Es stellt sich die Frage, ob beide Fälle etwas miteinander zu tun haben, oder ob sich ein Amokschütze seine Opfer nach dem Zufallsprinzip aussucht …
In welcher Region spielt er und wie kam zu der Auswahl des Ortes? Verbindet Dich etwas damit?
Die Reihe um Kommissar Brander ist in Süddeutschland, Baden-Württemberg angesiedelt, ganz konkret spielt die Handlung in der Region um Esslingen und Tübingen. Ursprünglich hatte Brander seinen Dienstsitz in Tübingen, dann gab es vor einigen Jahren eine große Polizeireform in Baden-Württemberg mit Umstrukturierung der Dienststellen. Da ich mich bemühe, realitätsnah zu schreiben und nicht nur Orte real sein sollen, sondern auch äußere Gegebenheiten, führte die Reform dazu, dass ich Branders Dienstsitz von Tübingen nach Esslingen versetzen musste.
Warum ausgerechnet diese Region? Nun, ich bin Ende des letzten Jahrtausends – hört sich steinalt an, oder? – aus dem Norden nach Süddeutschland gezogen. 2005 begann ich zu schreiben. Da Regio-Krimis auch davon leben, dass Orte und Regionen real existieren, habe ich einen Ort gewählt, der nah zu meinem Wohnort liegt, sodass ich kurze Wege für die Recherche habe. Die Arbeit hat den schönen Nebeneffekt, dass ich meine neue Wahlheimat viel besser kennengelernt habe, als ich sie sonst vermutlich je wahrgenommen hätte. So zum Beispiel das „Körschtal“. Das Gebiet erstreckt sich im Süden Stuttgarts (bei Möhringen) bis hin nach Esslingen-Deizisau. Eine schöne Naturlandschaft zum Wandern oder auch z.B. die alte Klosteranlage in Denkendorf ist einen Besuch wert. Mir macht es großen Spaß, auf der Suche nach Schauplätzen immer wieder Neues zu entdecken.
Deine Krimireihe dreht sich um Kommissar und Whiskyfreund Andreas Brander. Wie kam es zu dieser Kombination und hast Du selbst einen Faible für Whisky?
Als ich die Figur des Kommissars entwickelt habe, wollte ich einen Ermittler, der seinen Job gern macht, der mit beiden Beinen fest auf dem Boden steht und dessen Arbeit nicht von privaten Problemen überdeckt wird. Aber er brauchte natürlich auch ein paar Hobbies. Unter anderem habe ich mich dann dazu entschieden, aus ihm einen Whiskyfan zu machen. Er ist ein Genussmensch, der den guten Tropfen nicht säuft sondern genießt.
Ich selbst fand Whisky schon immer ein sehr spannendes Getränk. Allerdings habe ich erst mit dem Schreiben des ersten Brander-Falls tatsächlich damit begonnen, mich intensiver mit dem Thema zu beschäftigen. Das merkt man meinen Krimis an – im ersten Fall darf Brander nur zwei Whiskys genießen, in allen folgenden Fällen sind es mehr. Sehr hilfreich war für mich auch die Arbeit an dem Whiskyführer „Whisky Trails Schwaben“, in dem ich mich mit dem Thema Whiskybrennen im Allgemeinen und dem Whiskybrennen in Deutschland – insbesondere in Schwaben – beschäftigt habe. Und Brennereibesichtigungen bei meinen Schottlandreisen gehören natürlich zum Fortbildungsprogramm.
Ich bemühe mich, für jeden neuen Fall neue Whiskys zu entdecken. Brander hat also nicht einen einzigen Lieblingswhisky, sondern er probiert sich durch. Das Gute ist, dass Whisky eine immense Bandbreite hat. So bin ich immer für jeden neuen Fall auf der Suche nach dem richtigen Whisky für eine Szene.
Bei meinen Lesungen gibt es übrigens häufig ein kleines Tasting mit zum Krimi passenden Whiskys.
Wie sehen Deine Recherchearbeiten aus? Läufst du die Wege Deiner Protagonisten ab?
Recherche nimmt einen großen Teil meiner Arbeit ein, es ist aber auch eine Tätigkeit, die mir sehr viel Spaß macht. Zum einen geht es natürlich um die Orte. Wenn ich eine Handlung an einem real existierenden Ort ansiedle, reicht es nicht in Google Earth zu schauen, wie es denn da so aussieht. Ich muss dorthin gehen, sehen, was dort los ist. Was für eine Atmosphäre herrscht? Ist es belebt oder ruhig? Wie riecht es? Was hört man? Welche Besonderheiten fallen mir auf? Also – ja, ich laufe die Wege meiner Protagonisten ab, meistens mehrfach zu unterschiedlichen Zeiten.
Hinzu kommt die fachliche Recherche. Ich habe Kontakt zur Polizei und zur Rechtsmedizin und bin sehr dankbar, dass kompetente Fachleute mich an ihrem Wissen teilhaben lassen. Häufig habe ich in meinen Krimis spezielle Themen – wie z.B. in Körschtalrache das Armbrustschießen. Dazu habe ich mich u.a. auch mit einem Armbrust-Sportschützen unterhalten, der mir sehr gute Einblicke in seinen Sport gegeben hat, sodass ich z.B. auch den Unterschied der verschiedenen Armbrust-Modelle kennengelernt habe. Die Sportarmbrust ist ein ganz anderes – und ziemlich unhandliches Gerät – wie die Armbrüste, die gemeinhin im Laden verkauft werden. Ebenso habe ich Informationen zum Training und zur Technik des Schießens bekommen.
Wie kamst Du zum Schreiben?
Das war ein ziemlich langer Weg. Ich hatte zwar seit Kindertagen immer den Wunsch, zu schreiben, aber mir fehlte der Mut – und in Kindertagen auch die Ausdauer 😉. Irgendwann wurde der Wunsch dann aber so mächtig, dass ich mir etwas überlegen musste. Der Gedanke, 300 Seiten füllen zu müssen, lähmte mich jedoch. Da schlug mein Mann mir vor, ich könnte es doch erst mal mit einer Kurzgeschichte versuchen. Das hat funktioniert.
Meine erste Einsendung schaffte es damals in die Top 20 des Buchjournal Schreibwettbewerbs und wurde veröffentlicht. Das gab mir ordentlich Mut. Und so nahm ich eine 3-monatige berufliche Auszeit und schrieb den Entwurf zu meinem ersten Krimi. Von da an habe ich nicht mehr aufgehört zu schreiben. Sehr viel habe ich über „learning by doing“ gelernt, aber ich lese auch viel Fachliteratur – ich empfehle für den Anfang gern „Crime“ von Larry Beinhart – und habe zahlreiche Weiterbildungen besucht.
Könntest Du Dir vorstellen auch in einem anderen Genre aktiv zu werden?
Das muss ich mir gar nicht vorstellen – das habe ich schon gemacht 😉Im Herbst 2023 erschien unter meinem Pseudonym Sofia Mai mein erster Liebesroman „Herzklopfen im Ländle“. Der Titel verrät es – auch hier bin ich dem Süden Deutschlands treu geblieben. Es hat mir großen Spaß gemacht, diesen Roman zu schreiben. Statt mir zu überlegen, wie ich meine Täter:innen überführe, musste ich überlegen, wie ich einen guten Spannungsbogen in eine Beziehungsgeschichte bekomme. Hier konnte ich ein bisschen meine romantische Ader ausleben. Wobei – in meinem ersten Schottland-Krimi gab es auch schon ein wenig Romantik, und Kommissar Brander ist seit Band 1 glücklich verheiratet. Viel mehr Liebe geht ja eigentlich gar nicht 😉
Was ist bis jetzt der schönste Moment in Deiner bisherigen Zeit als Autorin gewesen?
Gar nicht so einfach zu sagen, weil es immer wieder wunderbare Glücksmomente gibt. Aber die Verlagszusage für das allererste Manuskript war natürlich ein absolutes Highlight! Das ist ein einmaliger Moment, den ich nie wieder erleben werde. Wobei ich aber genauso super glücklich war, als ich das „Go“ für meinen ersten Schottland-Krimi vom Verlag bekommen habe. Der Roman ist ein absolutes Herzensprojekt, weil ich dieses Land so liebe.
Und zu guter Letzt: Wann kommt der nächste Band und an was arbeitest Du gerade?
Der nächste Brander-Fall wird im Herbst 2024 erscheinen. Der Titel steht schon fest, aber ich darf ihn im Moment noch nicht verraten. Da stecke ich zurzeit mitten im Schreibprozess. Zudem habe ich vor Kurzem den letzten Korrekturdurchgang für meinen zweiten Schottland-Krimi „Vermisst in den Highlands“ abgeschlossen, der Ende April erscheint. Auf den Roman freue ich mich sehr.
Liebe Sybille, vielen Dank für das interessante Interview.
Sybille Baecker
Sybille Baecker ist gebürtige Niedersächsin und Wahlschwäbin. Nach einem BWL-Studium und verschiedenen beruflichen Stationen, u. a. als IT-Prozessingenieurin in einem internationalen Unternehmen und später als Pressereferentin eines Sportsfachverbandes, begann sie zu schreiben. Sie liebt das Ländle, ihr Herz schlägt aber auch für die Highlands und die rauen Küsten Schottlands, ebenso hegt sie ein Faible für den Scotch Whisky. All dies spiegelt sich in ihren Romanen wieder. Die Fachfrau für »Whisky & Crime« ist Autorin der erfolgreichen Krimiserie um den Kommissar und Whiskyfreund Andreas Brander sowie um die Privatermittlerin Alison Dexter, die im Norden Schottlands ermittelt.
Homepage: sybille-baecker.de
Instagram: https://www.instagram.com/krimis.mit.schuss
Hinweis:
Am 25. April 2024 erschien Sybille Baeckers neuer Sehnsuchtorte-Krimi im Emons Verlag.
Spurensuche in der Einsamkeit der schottischen Highlands.Alison Dexter, Privatdetektivin in Inverness, hat sich eine Auszeit genommen, da steht eine alte Bekannte vor ihrer Tür: Violet Thompson. Die Millionärsgattin, mit der Alison mehr Abneigung als Freundschaft verbindet, steckt in Schwierigkeiten. Doch bevor Alison ihr Geheimnis erfährt, verschwindet sie spurlos. Violets Mann lässt dies seltsam kalt. Alison forscht nach und folgt einer Spur in die einsamen Highlands. Als sie dort überfallen wird und die Polizei wenig später ihren ausgebrannten Wagen findet, wird der Fall persönlich. Denn im Kofferraum liegt eine verkohlte Leiche.
(Quelle: Emons Verlag)