Liebe Dorothe,
zunächst einmal vielen Dank, dass Du Dir die Zeit nimmst und mir zu einem Interview bereitstehst. Dein neuer Roman ANISBROT IN ANTIOCHIA spielt im 12. Jahrhundert zu Zeiten des Dritten Kreuzzuges. Magst Du kurz erzählen, um was es in ANISBROT IN ANTIOCHIA geht?
Es wird gesotten, gebraten, vergiftet, vergeben und verführt.
Die Geschichte spielt während des Dritten Kreuzzuges, als Barbarossas Heer Anatolien durchquert und der Kaiser dort unerwartet stirbt. Sein Sohn nimmt dessen Gebeine bis Antiochia mit, wo viele Ritter an der Ruhr erkranken.
So auch Diethelm von Toggenburg. Er glaubt, er sei verflucht, weil er seinem sterbenden Bruder versprochen hat, für ihn in Jerusalem um Erlösung zu bitten. Dies ist nicht mehr möglich, da sich Barbarossas Heer auflöst.
Diethelm weiß nicht, dass seine Freunde, die Delikatessenköchin Alkmene und der Eunuch Pares, auf der Flucht zu ihm sind. Alkmene kochte für einen Adeligen, der nach dem Essen Bauchweh bekam, und sich an ihr rächen will. Als die beiden Diethelm finden, hecken sie einen Plan aus, um den Ritter zu „heilen“. Alkmenes Kochkünste sollten dabei die Türen für medizinische Hilfe, Geld und Schutz öffnen. Doch, wie das so ist ….
Beworben wird das Buch als „eine kulinarische Reise durch den Dritten Kreuzzug“. Was darf ich mir darunter vorstellen?
Am Anfang jedes Kapitels steht ein Rezept, das in der Handlung vorkommt und durch die Geschichte führt. Essen ist notwendig, beschäftigt, verbindet und trennt.
Für frühere Romane recherchierte ich über die mittelalterliche Küche, und erfuhr, dass während den Kreuzzügen viele Nahrungsmittel und Rezepte aus Byzanz und dem arabischen Raum übernommen worden sind. Ich stellte mir vor, wie das wohl sei, wenn jemand, der kaum Gewürze kennt, in diese neue kulinarische Welt eintaucht. So entstand die Idee zu „Bittermandeln aus Byzanz“, dem ersten Band.
Es handelt sich bei dem Buch um die Fortsetzung von BITTERMANDELN AUS BYZANZ. Muss man den ersten Teil gelesen haben, um den zweiten zu verstehen?
Am Anfang gibt es eine Rückblende, welche die Lesenden abholt. Deswegen ist es möglich, den zweiten Band zu lesen, ohne den ersten zu kennen. Wer den ersten Teil las, steigt sicherlich schneller in die Geschichte hinein.
Gibt es reale Vorbilder für deine Figuren?
Eine der drei Hauptcharaktere, Diethelm von Toggenburg, beteiligte sich am Dritten Kreuzzug, kehrte zurück und gründete eine Johanniterkommende, die man heute noch besichtigen kann.
Sonst tauchen als Nebenfiguren reale Figuren auf, wie Friedrich von Schwaben oder dessen Vater Kaiser Barbarossa. Alle historisch überlieferten Personen sind im Anhang aufgelistet.
Was fasziniert Dich am 12. Jahrhundert?
Das Aufeinanderprallen und der Austausch der Kulturen während des Dritten Kreuzzuges. Wir verbinden diese Zeit oft mit Gewalt, aber es gab auch Beispiele der Integration und darauf konzentrierte ich mich.
Wie sehen Deine Recherchearbeiten aus? Läufst du die Wege Deiner Protagonisten ab? Reist Du viel?
Es ist mir sehr wichtig, die Orte zu besuchen, die in meinen Romanen spielen. Für meinen ersten historischen Roman bin ich tagelang den Pilgerweg abgewandert, den meine Protagonistin zurücklegte.
Da „Bittermandeln aus Byzanz“ in der Corona-Zeit entstand, war es nicht möglich, alle Orte zu besuchen, was ich nachgeholt habe wie auch für das „Anisbrot“.
Ich recherchiere im Internet, in Bibliotheken und ich frage immer wieder Fachpersonen an. Als Mitarbeitende einer Fachhochschule habe ich Zugang zu den wissenschaftlichen Schriften der Universitäten.
Und nicht zuletzt bekam ich für das „Anisbrot“ viel Wissen und Inspiration aus der Küche und dem Garten.
Wie kamst Du zum Schreiben? Was inspiriert Dich?
Ich bin ein Geschichtenmensch. Wenn ich nichts zu tun habe, fange ich an Geschichten zu spinnen. Dabei werde ich von Menschen, Begegnungen, Büchern, Filmen, meiner ganzen Umwelt inspiriert.
Könntest Du Dir vorstellen auch in einem anderen Genre aktiv zu werden?
Ich schrieb zuerst Fantasyromane, dann zwei Dystopien, bis ich mich an den historischen Roman „wagte“. Hier fühle ich mich zuhause, was nicht erstaunt. Ich studierte Geschichte, unterrichte Geschichte und entwickle in der Geschichtsdidaktik.
Was ist bis jetzt der schönste Moment in Deiner bisherigen Zeit als Autorin gewesen?
Schwierige Frage!
Ein Symphonieorchester begleitete mein Hörspiel, während es von einem bekannten Radiomoderator vorgelesen wurde. Ich saß im Publikum.
Der Umstand, dass ich nach fünfzehn Jahren schreiben immer noch begeisterte Autorin bin und an neuen Projekten arbeite, finde ich toll.
Und zu guter Letzt: Wann kommt das nächste Buch bzw. an was arbeitest Du gerade?
Diesen Mai habe ich den Vertrag zum dritten und letzten Band der „Bittermandeln“- Reihe unterschrieben. „Venusmuscheln in Venedig“ wird im Herbst 2025 herauskommen. Aktuell schreibe ich daran und koche die Rezepte nach.
Zudem wird im Frühling 2025 eine historische Biografie über „Agnes von Ungarn“, eine der ersten großen Habsburgerinnen, herauskommen. Dieses Manuskript ist im Lektorat und wir feilen daran. Da es eine Biografie ist, erfahren die Lesenden mehr über die historischen Ereignisse und Hintergründe, so hat das Buch einen anderen Schreibstil als das „Anisbrot“.
Liebe Dorothe, vielen Dank für das interessante Interview.
Dorothe Zürcher
Dorothe Zürcher, 1973 in Zürich geboren, wuchs im mittelalterlichen Städtchen Mellingen auf und lebte in den 90er Jahren für kurze Zeit in Argentinien. Sie ist verheiratet, lebt in Zürich und unterrichtet an der Oberstufe. Alle sieben Jahre nimmt sie eine Auszeit und bereist mit ihrem Mann die Welt.
Seit 2013 schrieb sie mehrere Romane und Kurzgeschichten. Dabei haben es ihr vor allem das Mittelalter und Biografien von starken Frauen angetan. Dorothe Zürcher ist Mitbegründerin des Vereins Schweizer Phantastikautor:innen, zudem ist sie Mitglied in der Autor:innengruppe „die aus zürich“. Sie schreibt hauptsächlich in der Abgeschiedenheit der Berge und in der Nacht.
Mehr über die Autorin erfahren Sie auf ihrer Homepage: www.dorothe-zürcher.ch