Lieber Harald,

Foto: Harald Schmidt
zunächst einmal vielen Dank, dass Du Dir die Zeit nimmst und mir zu einem Interview bereitstehst. Am 12. Oktober 2024 öffnet die RE-Buch – Buchmesse Recklinghausen ihre Pforten. Wie kam es zu der Idee, in Recklinghausen eine Buchmesse stattfinden zu lassen?
Als Aussteller war ich Gast auf vielen Messen, zu denen nicht nur die Kleineren in Köln, Bremen, Solingen, Mülheim uvm. gehörten. Auch in Leipzig und Frankfurt war ich anzutreffen. Im Ruhrgebiet passierte bisher in diesem Punkt recht wenig. Mich inspirierten diese Messen und die Begegnungen so sehr, dass sich der Wunsch verfestigte, etwas Ähnliches selbst zu initiieren. Erfahrungen besaß man ja genug. Genau deshalb fiel mir immer wieder auf, dass einige Besucher relativ lustlos ihren buchaffinen Partnern folgten, da ihre Liebe zum Buch schwächer ausgeprägt schien. Für diese „Begleitungen“ und „Taschenträger“ wollte ich einen Ausgleich schaffen. Dafür gibt es auf der RE-BUCH endlich einmal ein Kontrastprogramm im Erdgeschoss.
War es schwer, einen passenden Veranstaltungsort für die Buchmesse zu finden?
Es ist schon eine langwierige Angelegenheit, einen Ort, eine Location zu finden, die den Bedürfnissen der Aussteller genügt. Die Optik, der Bekanntheitsgrad, die Räumlichkeit und der Service mussten passen. Das findet man nur selten an einem Ort – außer in einem deutschlandweit bekannten Theatergebäude: das Ruhrfestspielhaus in Recklinghausen. Dort fand ich ein Rundumpaket, das mir Einiges an Arbeit abnahm. Es gibt viele Örtlichkeiten, die zwar Raum bieten, dann aber vom Veranstalter erhebliche Mehrarbeit verlangen. Dazu gehören u.a. Bestuhlung, Catering, Beschallung, Leseräume, Parkmöglichkeiten, unkomplizierte Anfahrt uvm. Vom oft astronomisch hohen Mietpreis möchte ich erst gar nicht reden.
Du bist nicht nur als Veranstalter der Buchmesse aktiv, sondern schreibst selbst auch Thriller unter gleich zwei Namen. Dein neustes Buch ist unter H.C. Scherf erschienen. Magst Du kurz erzählen, um was es in „Tödliche Wandlung“ geht?

ASIN : B0CDBTC2FC
Sprache : Deutsch
Dateigröße : 2167 KB
Das Schreiben begann ich 2015 unter meinem Klarnamen Harald Schmidt. Da dieser bekannte Name zu Irritationen führte, wechselte ich schon kurz danach auf das Pseudonym H.C. Scherf und veröffentlichte vorwiegend Thriller. Bisher erschienen von mir ca. 33 Bücher plus diverser Anthologien.
Tödliche Wandlung gehört zu den Büchern, in das ich sehr viel Herzblut steckte, da es zwei Themenbereiche vereint, denen ich mich relativ oft widme. Es geht um die Psyche von Serienmördern und dem aktuellen Themenbereich Geschlechterzugehörigkeit. Diese Bereiche zu verknüpfen, hat mich gefordert und mir viel Energie gekostet, aber auch viel gebracht.
Wie findest Du Deine Themen? Gibt es aktuelle Anlässe oder gar persönliche Erfahrungen?
Wer mit offenen Augen und Ohren durch das Leben läuft und die Dinge ernst nimmt, die um einen herum geschehen, findet tausend Themen, die Bücher füllen können. Als Autor bin ich einer der schlimmsten Voyeure, der stets beobachtet und Situationen förmlich inhaliert. Die Dinge des täglichen Lebens finden in meinen Büchern Niederschlag, so dass ich behaupten mag, dass die Bücher recht authentisch sind. Um sich ein Thema speziell für einen Thriller zu suchen, bedarf es schon der klaren Zuordnung von Verbrechen und etwas Talent, das auszuschmücken. Das Leben selbst bietet uns leider viel zu viele Vorgänge, die ich verwerten kann. Das Böse ist allgegenwärtig und mittlerweile Teil unseres Alltags.
Könntest Du Dir vorstellen, ein anderes Genre auszuprobieren?
Das habe ich schon getan, indem ich den Schicksalsroman „Lockruf der Nordsee“ schrieb. Doch auch hier gab es Bereiche aus der Welt des Verbrechens. Hier fand ich sehr schnell die Gräueltaten, wie sie tagtäglich innerhalb der Familie stattfinden. Ich meine damit Misshandlung von Kindern und Ehepartner, sowie Missbrauch. Es liegt mir einfach nicht, wegzusehen und eine Welt zu erschaffen, die es nur sehr selten gibt. Eintracht, wie sie in Liebesromanen beschrieben wird, ist reine Illusion und findet leider nur in Büchern und Filmen statt. Allerdings glaube ich daran, dass den Lesern auch diese Scheinwelt erschaffen werden muss, um abtauchen zu können, wenn der Alltag uns zu überrennen droht. Lasst uns ab und zu träumen.
Wie sehen Deine Recherchen aus?
Meine Recherchen sind sogar in den Augen von Autorenkollegen oft irritierend, da ich mich genau dahin begebe, wo das Böse lauert. Ich besuche Gefängnisse, spreche mit Ermittlern gleichermaßen wie mit Tätern. Man findet mich nachts auf Friedhöfen und in finsteren Kellerräumen. Warum tue ich das? Zumindest für mich ist die Antwort einleuchtend. Ich möchte die Angst selber spüren, die meine „Opfer“ spüren, wenn sie genau dort gefangen gehalten werden und auf den Tod warten. Ich möchte wissen, was der Täter fühlte, was ihn zur Tat bewegte und wie er zu dem wurde, was wir einsperren müssen. Nur wenn ich das weiß, kann ich Gefühle in die Story einbauen, die auch die Leser nachvollziehen können. Die Angst muss zwischen den Zeilen versteckt sein und euch beim Lesen anspringen.
Wie kamst Du zum Schreiben? Was inspiriert Dich?
Aus einer schwierigen Zeit heraus, die von Schicksalsschlägen geprägt war, griff ich zum ersten Mal in die Tasten und schrieb mir etwas vom Leib, was drohte, mich in die Tiefe der schlimmsten Depression zu reißen. Es drohte sogar der Suizid, woraus ich keinen Hehl mache und mich dazu bekenne. Eigentlich habe ich mich selbst therapiert, indem ich Bücher schrieb. Das Thema Suizid ist niemals ganz vom Tisch, da es sich in meinem Unterbewusstsein wie ein Virus eingepflanzt hat. Doch solange ich Aufgaben bei mir erkenne, wird das nicht wieder die Oberhand gewinnen.
Was ist bis jetzt der schönste Moment in Deiner bisherigen Zeit als Autor gewesen?
Da wird sicher an erster Stelle die Geburt meines Sohnes zu nennen sein. Ich besaß das Glück, mit zwei wunderbaren Frauen viele Jahre gemeinsame Wege gehen zu dürfen. Viele Länder auf dieser Welt habe ich kennengelernt und neben der Natur die unterschiedlichen Kulturen bewundert. Das hat mein Verständnis für die Mitmenschen und deren Eigenarten gefördert.
Große Momente erlebe ich schon seit Jahren, wenn ich vor Publikum meine Gedanken und das Geschriebene vortragen darf. Die Spannung zu denen tragen zu dürfen, die mir geduldig zuhören, ist ein Privileg, für das ich sehr dankbar bin.
Und zu guter Letzt: An was arbeitest Du gerade?
Derzeit befinde ich mich zwar immer noch in den Vorbereitungen zur RE-BUCH-Messe. Doch zeigt mir meine Erfahrung, dass du nicht alles im Vorfeld bedenken kannst und auf jede Herausforderung am 12. Oktober nur reagieren kannst.
Mit großem Elan habe ich mich vor Tagen an ein neues Buch herangetraut, das einen 2. Teil eines meiner Erfolgsromane sein wird. Den Titel werde ich natürlich heute noch nicht verraten. Aber etwas kann ich schon heute sagen: Es wird wieder sehr spannend mit einem Ermittlerteam, das zuvor schon viele meiner Fans begeisterte. Auch meine Lieblingsfigur „der Serienmörder“ wird das makabre und todbringende Spiel treiben und die Polizei bis an die Grenzen des Machbaren fordern.
Lieber Harald, vielen Dank für das interessante Interview und viel Erfolg für die Buchmesse in Recklinghausen.
Harald Schmidt
Der Autor H.C. Scherf wurde unter dem Klarnamen Harald Schmidt im Jahre 1948 in Essen geboren. Als gelernter Schriftsetzer übernahm er über viele Jahre als verantwortlicher Objektleiter die Führung diverser Zeitungen im Ruhrgebiet. Erst mit dem Eintritt in den Ruhestand fand er Zeit und Muße, um sich dem Schreiben von Büchern zu widmen. Zu seinem Portfolie gehören Thriller und Krimi, wobei bisher etwa 33 aus seiner Feder stammen. Seine Leidenschaft ist derzeit das eigene spannende Vortragen auf Leseabenden und das Veranstalten solcher mit ebenfalls bekannten Künstlern. Aktuell veranstaltet er sogar Buchmessen.