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Lieber Martin,
zunächst einmal vielen Dank, dass Du Dir die Zeit nimmst und mir zu einem Interview bereitstehst. Am 09. Oktober 2024 erscheint Dein neuster Roman Die Orgelbauerin. Magst Du kurz erzählen, um was es geht?
Das Buch erzählt die Geschichte einer echten Pionierin. Paula, Tochter eines Thüringer Orgelbauers, versucht nach dem ersten Weltkrieg und dem Zusammenbruch des Kaiserreichs, in die damals noch reine Männerdomäne Orgelbauhandwerk einzudringen. Ein langer und schwieriger Weg, auf dem sie sich auch gesellschaftlichem, bürokratischem und (vor allem) erbittertem familiären Widerstand stellen muss. Außerdem schildert das Buch die Geschichte der Orgelbauerfamilie Bertram, der die Protagonistin entstammt – eine Geschichte, die auch viel über die (bloß vermeintlich) gute alte Zeit erzählt. Nicht zuletzt unterrichtet der Roman über die Geschichte des Orgelbaus und des Weimarer Bauhauses (der Roman spielt rund um Weimar).
Bisher warst Du eher im Krimibereich unterwegs, jetzt bist Du ins historische Genre gewechselt? Was reizt Dich an diesem Genre?
Ich pendele schon immer zwischen den Genres. Mein erster bei Gmeiner erschienener Roman war nämlich ein historischer Roman über den berühmten Münchner Komiker und Sprachakrobaten Karl Valentin. Erst danach kam der Krimi Mord im Altmühltal. Auch in meinen Kurzgeschichten bin ich genreübergreifend unterwegs.
Wird es dennoch weiterhin Krimis von Dir geben?
Ich habe den Ehrgeiz, auch weiterhin Krimis zu schreiben, fühle mich aber im Moment wieder zum historischen Genre hingezogen. Es ist das Gute an den beiden Genres, dass sie bestens miteinander kompatibel sind.
Könntest Du Dir vorstellen, noch ein anderes Genre auszuprobieren?
In allen meinen drei Romanen spielt die Liebe eine Rolle, das könnte noch ausbaufähig sein. Mein Traum ist es aber vor allem, auch ein Sachbuch zu schreiben.
Dein neues Buch ist sehr musikalisch, wie sieht es bei Dir aus? Spielst Du selbst ein Instrument?
Ich spiele seit meiner Jugend im kirchlichen Bereich Orgel und Posaune, bin ein Pfarrerssohn und entsprechend sozialisiert. Beide Instrumente spiele ich nur neben- und ehrenamtlich, ich habe sie also nicht studiert. Ich bin Mitglied eines Posaunenchors und übe in den Orten in der Umgebung öfters den Dienst des Organisten aus.
Gibt es reale Vorbilder für deine Figuren? Fließen eigene Erfahrungen mit ein?
Weder die Personen noch die im Roman beschriebenen Orgelbaubetriebe sind auch nur im Ansatz real. Real ist dagegen, dass jeder Roman auf irgendeine zumindest klitzekleine Art und Weise auch vom Autor selbst erzählt.
Wie kamst Du zum Schreiben? Was inspiriert Dich?
Ich gehöre nicht zu den Autoren, die schon in der Kindheit Märchen, Räubergeschichten oder erste Gedichte schrieben. Nach meinem Jurastudium war ich erst Staatsanwalt und dann Strafrichter am Amtsgericht. Mit dem literarischen Schreiben begann ich Anfang 2007, als ich aus gesundheitlichen Gründen (ich litt an schweren Depressionen) aus dem Dienst scheiden musste. Inspirieren lasse ich mich vor allem von Büchern und auf Reisen.
Was ist bis jetzt der schönste Moment in Deiner bisherigen Zeit als Autor gewesen?
Als ich vor nun fast zehn Jahren nach einem Seminar in Hamburg (für Autoren mit fertigem Roman-Manuskript) unverhofft meinen Literaturagenten für mich begeistern konnte.
Und zu guter Letzt: An was arbeitest Du gerade?
Derzeit erlebe ich literarisch ein kreatives Interregnum: Reizvolle Ansätze, aber noch kein Projekt, über das ich schon näher sprechen möchte.
Lieber Martin, vielen Dank für das interessante Interview.
Martin Meyer
Martin Meyer, geboren 1967, studierte Jura und war in Bamberg als Staatsanwalt und Richter tätig. Nach seinem gesundheitlich bedingten Ausscheiden aus dem Justizdienst im Jahr 2007 öffnete er sich seinen literarischen Begabungen und schreibt seither Romane, Kurzgeschichten und Gedichte. Er spürt in seinen Texten den Wunden und Brüchen im Menschen nach.
Sein juristisches Fachwissen gibt er heute als Dozent in Workshops für Autorinnen und Autoren weiter. Außerdem spielt er im Nebenamt Orgel und Posaune. So gilt sein Ohrenmerk dem Dreiklang von Sinn, Text und Wort.
Martin Meyer lebt mit seiner Frau in Franken. Im Sommer 2020 erschien im Gmeiner-Verlag sein Romandebüt »Der falsche Karl Valentin«, im April 2022 sein Krimi »Mord im Altmühltal«. Sein dritter Roman „Die Orgelbauerin“ wird im Herbst 2024 erscheinen. Seine Kurzgeschichten hat er unter anderem im Wellhöfer Verlag und im adakia Verlag veröffentlicht.
Homepage: www.sprachklangwelten.de