Liebe Ingrid,
zunächst einmal vielen Dank, dass Du Dir die Zeit nimmst und mir zu einem Interview bereitstehst. Magst Du kurz erzählen, um was es in Deinem neusten Thriller „Blutrotes Vermächtnis“ geht?
In meinem Thriller geht es um Lotte, die sich freut, als ein attraktiver Mann namens Jan in ihr Jagdhaus im Odenwald kommt, und ihm heimlich ein Notquartier einrichtet. Am nächsten Morgen findet sie Jan tot vor und vermutet, dass ihr Vater ihn getötet hat. Gleichzeitig suchen sowohl Jans Angehörige als auch sein bestohlener Chef nach ihm, was Lottes ganz persönlichen Albtraum entfacht und in ihr eine Spirale aus Angst auslöst.
Dein neustes Buch spielt im Odenwald, hast Du eine besondere Verbindung zu der Region?
Ja, tatsächlich habe ich eine ganz besondere Verbindung zum Odenwald. Ich bin im Odenwald geboren. Ganz genau in Oberflockenbach. Ich kann mich an die vielen Wanderungen durch die dichten Wälder erinnern, die meine Eltern mit mir unternahmen. An die Skitouren mit selbstgemachten Skiern und ledernen Skischuhen, die immer in einem Einkehrschwung in den damals noch zahlreichen Bauerngasthäusern endeten, wo dann die nassen Socken am heimeligen Ofen getrocknet wurden. Dort wurden dann Sagen und Geschichten aus dem Odenwald erzählt. Die malerischen Dörfer des Odenwaldes hatten immer etwas Mystisches für mich. Diese Mischung aus Natur und Geschichte, kombiniert mit der Abgeschiedenheit einiger Orte, macht den Odenwald zu einem perfekten Schauplatz für einen Thriller.
Wie kamst Du auf die Idee diesen Thriller zu schreiben?
Die Idee entstand in einem noch ursprünglichen Gasthaus im Odenwald, das ich mit meinem Mann Volker besucht habe. Ich blickte aus dem Fenster. Da kamen die Gedanken: Was wäre, wenn sich hinter diesen friedlichen Fassaden düstere Geheimnisse verbergen? Die Natur hat etwas Bedrohliches, wenn sie in Nebel gehüllt ist und Stille herrscht – da war der Thriller fast schon geboren. Zudem mag ich es, Spannung an Orten aufzubauen, die man auf den ersten Blick als friedlich und idyllisch wahrnimmt.
Neben Thriller und Kriminalromanen, schreibst Du auch Heftromane. Erst kürzlich ist von Dir „Melodie der Liebe“ erschienen. Wie kam es dazu und was gefällt Dir besser?
„Melodie der Liebe“ war für mich eine wunderbare Abwechslung. Ich wollte eine leichtere, emotionalere Geschichte erzählen, bei der Romantik und Charakterentwicklung im Vordergrund stehen. Beide Genres haben ihre eigenen Reize – während ich bei den Thrillern die Spannung und die Rätsel genieße, liebe ich es, in Liebesromanen die emotionalen Tiefen der Figuren auszuloten. Ich könnte nicht sagen, was mir besser gefällt, da beides verschiedene kreative Seiten in mir anspricht.
Wird es einen weiteren Teil mit Lisa Schneider geben, der Du eine Booksnack-Reihe gewidmet hast?
Ja, definitiv! Lisa Schneider ist eine Figur, die mir sehr am Herzen liegt. Ihr unwiderstehlicher Drang, zusammen mit ihrem Partner Doktor Brinkmann, die Wahrheit zu finden, machen sie zu einer interessanten Protagonistin, die noch viele Abenteuer vor sich hat. Ich arbeite schon an Ideen für ihren nächsten Fall. Das Buch sowie die Fortsetzungen sind im PMLakeman-Verlag erschienen.
Könntest Du Dir vorstellen, noch ein anderes Genre auszuprobieren?
Auf jeden Fall! Ich bin immer offen für neue Herausforderungen. Fantasy reizt mich sehr, vor allem düstere, magische Welten mit starken Charakteren. Auch Science-Fiction könnte ich mir vorstellen. Aber ganz gleich, welches Genre, Spannung und starke Figuren werden immer eine zentrale Rolle spielen.
Wie sehen Deine Recherchen aus? Läufst Du Wege ab? Tauchst Du in Archive ein?
Das hängt stark vom Projekt ab. Für meine Thriller und Krimis ist es oft hilfreich, die Schauplätze persönlich zu besuchen, um ein Gefühl für die Atmosphäre zu bekommen. Ich gehe die Wege ab, spüre die Stimmung und stelle mir vor, wie meine Figuren dort agieren. Für manche Themen tauche ich aber auch tief in Archive ein oder spreche mit Experten, um sicherzustellen, dass die Details stimmen – besonders bei komplexeren, historischen Hintergründen.
Wie kamst Du zum Schreiben? Was inspiriert Dich?
Schon als Kind habe ich den Heimatgeschichten, die mein Vaters erzählte, gelauscht und bald festgestellt, dass ich selbst Geschichten erzählen will. Meine Inspiration kommt oft aus alltäglichen Beobachtungen – ein Gespräch im Café, ein bestimmter Blick, den jemand hat, oder einfach eine interessante Schlagzeile in der Zeitung. Mein Kopf spinnt daraus Geschichten. Oft sind es die kleinen Details, die eine große Geschichte in Gang setzen.
Was ist bis jetzt der schönste Moment in Deiner bisherigen Zeit als Autorin gewesen?
Es gibt viele wunderbare Momente – aber einer der schönsten war sicherlich, als ich den Kurzkrimipreis „Tatort Eifel“ gewann und Dietmar Bär und Heino Ferch kennenlernen durfte. Es war der Moment, in dem mir klar wurde: Du hast es geschafft, du bist Autorin. Außerdem liebe ich den Austausch mit meinen Leserinnen und Lesern. Jemandem eine spannende oder emotionale Lesezeit zu bescheren, ist unbezahlbar.
Und zu guter Letzt: An was arbeitest Du gerade?
Derzeit arbeite ich an einem neuen Thriller mit einer Co-Autorin, in dem es um eine Profikillerin mit Herz geht, die eine ihr sympathische Figur umlegen soll. Keine einfache Sache. Zudem habe ich die Fortsetzung zu Lisa Schneiders Abenteuern in der Pipeline, und ein neues Heftroman-Projekt steht auch schon in den Startlöchern. Langweilig wird es also nicht!
Liebe Ingrid, vielen Dank für das interessante Interview.
Ich danke dir, liebe Carmen! Es hat mir großen Spaß gemacht, über meine Arbeit zu sprechen.
Ingrid Reidel
Ingrid Reidel wurde 1960 in Weinheim geboren und wuchs im idyllischen Oberflockenbach auf. Schon früh entwickelte sie eine tiefe Verbundenheit zu ihrer Heimat, die sich bis heute in ihrer Leidenschaft für Wanderungen in der Natur und ihre Liebe zur heimischen Küche zeigt. Als erfolgreiche Autorin wurde sie bereits mehrfach mit renommierten Preisen ausgezeichnet. Gemeinsam mit ihrem Mann lebt sie in einem historischen Anwesen in Weinheim, das ihr als Rückzugsort und Inspirationsquelle für ihre kreativen Arbeiten dient.