Liebe Anna,
zunächst einmal vielen Dank, dass Du Dir die Zeit nimmst und mir zu einem Interview bereitstehst. Dieses Jahr ist Dein erster Krimi „Der Tod trinkt Rot … am Gardasee“ erschienen. Magst Du kurz erzählen, um was es geht?
Sehr gern: Erika und Roland Milser reisen im Oktober 2019 mit ihrem Wohnmobil nach Garda, wo sie vor 25 Jahren in einem kleinen Hotel ihren 10. Hochzeitstag gefeiert hatten. Damals war es auf ihrem Rückweg nach Deutschland zu einem schweren Autounfall gekommen. Seit Erika aus dem wochenlangen Koma erwachte, kann sie sich nicht mehr an die letzte Nacht im Hotel nach ihrer Feier zu zweit erinnern. Jetzt hofft sie, ihrem Gedächtnis auf die Sprünge helfen zu können, wenn sie ihren 35. Hochzeitstag in demselben Hotel begehen.
Als auf dem Wohnmobilstellplatz in Garda ein Mord geschieht, leitet Hauptkommissar Salvatore Wagner, dessen deutsch-italienische Eltern immer noch das kleine Hotel führen, die Ermittlungen. Die Verbindung beider Familien damals und heute hilft Erika, sich zu erinnern, führt aber auch zu immer tiefer greifenden Konflikten nicht nur in ihrem eigenen Umfeld.
Dein Krimi spielt am Gardasee, hast Du eine besondere Verbindung zu der Region?
Nein, eigentlich nicht, ich würde auch nicht von einem Regionalkrimi sprechen, auch wenn der Reiz des Gardasees tatsächlich nicht zu kurz kommt. Es geht um tiefe seelische Kränkungen und deren Folgen, auch um das Schicksal von Einwanderinnen aus dem Osten. Aber mein Mann und ich waren mit dem Wohnmobil in Garda, es hat mir dort sehr gut gefallen und ich habe vor Ort recherchiert.
Du bist viel mit dem Wohnmobil unterwegs. Wie kam es dazu?
Mein spanischer Mann und ich haben uns erst 2009 kennengelernt, da waren wir beide schon 57. Er hatte spanische und ich deutsche Freunde mit Wohnmobil, die uns nach jeder Reise den Mund wässrig machten. Mit 63 haben wir uns kurz entschlossen ein eigenes gekauft, um noch möglichst viel gemeinsame Zeit auf Reisen durch Europa genießen zu können. So sind wir vom Frühjahr bis zum Herbst unterwegs und verbringen die Monate von Oktober/November bis Anfang Mai auf Mallorca. Die Wintermonate sind für mich sowieso die schönsten auf der Insel.
Im ersten Teil meines Buches „Abenteuerreise Wohnmobil“, 2019 erschienen im Goldmann-Verlag, erzähle ich genauer, wie es zu dem Kauf kam.
Hast Du ein Lieblingsland oder -ziel?
Das kann ich so nicht sagen. Aber am interessantesten fand ich unsere Reise in den Osten, nach Tschechien und in die Slowakei sowie in einige Länder des ehemaligen Jugoslawien, Slowenien, Kroatien, Bosnien und Herzegowina. Wir fahren beide gern mit dem Rad, da sind große Teile Deutschlands sowie ganz Holland ideal, und für die Gaumenfreuden bevorzugen wir den Süden Europas.
Wo möchtest Du noch mit dem Wohlmobil hin und welche Auswirkung wird das Reisen auf Deine Romane haben?
In Polen und im Baltikum habe ich mich sehr wohl gefühlt und fände es schön, manches wiederzusehen und anderes neu zu entdecken. Vielleicht, weil meine Eltern aus Ostpreußen kamen und wir Kinder mit den Geschichten aus dem Osten aufgewachsen sind. Auch ins farbenfrohe Portugal würde ich gern noch einmal fahren. Und natürlich nach Italien, dort waren wir bisher nur im Norden.
Für den Krimi gab ein Erlebnis auf der Kurischen Nehrung in Litauen den Anstoß, ein plötzlicher Todesfall in unmittelbarer Nachbarschaft auf dem Campingplatz. Mein zweiter Krimi, den ich nach unserer Rückkehr schreiben will, wird auf Mallorca spielen. Aber dazu will ich noch nichts sagen.
Könntest Du Dir vorstellen, noch ein anderes Genre auszuprobieren?
Das kann ich mir nicht nur vorstellen, das habe ich bereits getan mit meinem ersten Buch über Anschaffung und erste Reisen mit unserem Wohnmobil. Auch liegt das Manuskript für ein weiteres, ebenfalls autobiografisch erzählendes Sachbuch bereits fertig in der digitalen Schublade. So etwas wie ein Gegenentwurf zu „Goodbye Deutschland“ mit dem Arbeitstitel „Wellcome Mallorca – Auswandern ohne Social Media und Kamerateam“. Davon abgesehen kann ich mir in meinem Kopfkino so ziemlich alles vorstellen.
Wie kamst Du zum Schreiben? Was inspiriert Dich?
Schon in der Schule waren Deutsch mein Lieblingsfach und Aufsätze meine liebste Tätigkeit, egal ob als Hausaufgabe oder Klassenarbeit, und auf dem Gymnasium kam die Beteiligung an der Schülerzeitung dazu. Es hat mir einfach schon immer Spaß gemacht, mich kreativ zu äußern. Beim Schreiben inspiriert mich das Leben um mich herum und in mir drin, manchmal auch eine Nachricht oder Notiz in den Medien oder ein Film.
Was ist bis jetzt der schönste Moment in Deiner bisherigen Zeit als Autorin gewesen?
1989 erhielt ich den vom Bremer Senat mit 5.000 DM dotierten Literatur-Förderpreis und las im Rahmen dessen im damaligen Literaturcafé. Der Applaus der ca. 40 Anwesenden am Ende der Lesung, die ich noch mit einem Wortspiel für das Publikum angereichert hatte, löste in mir ein unbeschreibliches Gefühl aus. Diese Anerkennung, die ich leibhaftig vor mir hören und sehen konnte, habe ich bis heute nicht vergessen.
30 Jahre später, mit 67, hielt ich mein erstes Buch in Händen, auch das war ein tolles Gefühl. Aber mehr noch jetzt, als ich mit 72 als absoluter Selfpublisher-Neuling meinen ersten Krimi durchblättern konnte, das war ein unglaublich schöner Moment.
Und zu guter Letzt: An was arbeitest Du gerade?
Gerade jetzt, also während wir unterwegs sind, arbeite ich ständig an den Reiseberichten auf meiner Webseite. So falle ich nicht aus der Gewohnheit des Schreibens. Es ist nicht immer einfach, mich selbst dafür anzutreiben, aber mein Mann unterstützt mich sehr.
Zuhause auf Mallorca werde ich mich an meinen zweiten Krimi setzen, in dem die Leserinnen und Leser die eine oder andere Figur wiederfinden werden und begleiten können. Diesmal In Palma de Mallorca.
Liebe Anna, vielen Dank für das interessante Interview.
Ich habe zu danken!
Anna Dross
Geboren 1952 in Hamburg, aufgewachsen in Schleswig-Holstein.
Verheiratet, keine eigenen Kinder, aber zwei Enkelkinder von der Tochter meines Mannes.
Nach der MiLleren Reife Ausbildung zur Arzthelferin, mein „Brotberuf“, der mich über
Jahrzehnte immer wieder ernährt hat, auch auf Mallorca.
Anfang der 70-er Studium der Freien Kunst an der Muthesius-Kunsthochschule in Kiel und
nach dem Erlangen der Zulassung auf dem Zweiten Bildungsweg Studium an der
Pädagogischen Hochschule Kiel – beides ohne Abschluss.
In den 80-ern war ich in Gießen selbstständig mit einem Bürodienst, noch vor dem
Computerzeitalter, als Studierende und Lehrende ihre Arbeiten noch auswärts ab^ppen
ließen.
Ich habe im Norden und im Süden Deutschlands gewohnt und bin 1996 nach Mallorca
ausgewandert, wo ich die letzten 11 Jahre vor RenteneintriL als freiberufliche Malerin tä^g
war.
Zum Schreiben
In der zweiten Hälfte der 80-iger Veröffentlichung einiger Texte in der ZEIT, der taz und der
Bremer Literaturzeitschria Script, hier als Redak^onsmitglied.
1989 Literaturförderpreis der Stadt Bremen, do^ert mit 5.000 DM.
2019 erschien im Goldmann-Verlag mein autobiografisch erzählendes Sachbuch
„Abenteuerreise Wohnmobil“, heute in der 6. Auflage
2024 veröffentlichte ich bei BoD meinen ersten Krimi „Der Tod trinkt Rot … am Gardasee