Interview mit Jörg Czyborra

 

Jörg Czyborra
Foto: Jörg Czyborra

Lieber Jörg,

zunächst einmal vielen Dank, dass Du Dir die Zeit nimmst und mir zu einem Interview bereitstehst. Auf der Frankfurter Buch messe hast Du mir Deine Lipperland-Krimis vorgestellt. Am 20. November 2024 ist der dritte Teil mit Christian Kupery „Sennewölfe“ erschienen. Magst Du kurz erzählen, um was es geht?

Um Wölfe! Und zwar um den ’natürlichen‘ Wolf, den ‚vierrädigen‘ Wolf und um ‚zweibeinige Wölfe‘.

Christian Kupery, seineszeichen Buchhändler und Assistent der Geschäftsleitung im Buchladen seiner Frau wird mitten in der Nacht von einem Freund Jens, dem Trapper, aus dem Schlaf gerissen. Der braucht seine Hilfe, ist er doch davon überzeugt, dass ihn die Kripo für einen Mörder hält. Der Trapper (war auch schon in den Roman „Ochsentour“ und „Sennefeuer“ dabei) ist bei seinen Streifzügen in der Nähe eines Truppenübungsplatzes über die Leiche eine jungen Mannes gestoßen.

So wird der Hobbydetektiv Kupery in einen neuen Fall verwickelt. Dabei kreuzt er nicht nur die Spur eines ‚realen‘ Wolfes, sondern Kommt auch einer rechtsextremen Wehrsportgruppe in die Quere, die sich die „Sennewölfe“ nennen.

 

Sennewölfe: Lipperland-Krimi – Jörg Czyborra
Herausgeber ‏ : ‎ KBV Verlags-und Medienges (13. November 2024)
Sprache ‏ : ‎ Deutsch
Taschenbuch ‏ : ‎ 250 Seiten
ISBN-10 ‏ : ‎ 3954416999
ISBN-13 ‏ : ‎ 978-3954416998

In dem Buch dreht es sich um Wölfe und deren Verhalten. Wie kamst Du auf die Thematik? Hast Du einen besonderen Bezug dazu? Wie sahen Deine Recherchen aus?

Eines vorneweg: Es geht in meinem Roman nicht um die natürlichen Wölfe und deren Verhalten! Auch wenn ich viel über die Wölfe erfahren konnte. So war mir nicht bekannt, dass die Senne und somit meine Heimat ausgewiesenes Wolfsgebiet ist. Ich habe gelernt, dass der Wolf ab und zu durch das Gebiet hier streift, ohne aber in einem Rudel ansässig zu werden. Ich habe mir mit wachsender Spannung die Begegnung mit einem Wolf schildern lassen und ich habe mich beruhigen lassen, dass eine solche Begegnung sehr unwahrscheinlich ist. Dafür ist der Wolf viel zu clever und zu scheu.

Ich bin auf das Wolfthema gestoßen durch eine Zeitungsnotiz, in der lediglich von Fuß- und Kot-Spuren die Rede war. Der weitere Ansatz für meine Geschichte waren die Berichte über die Reichbürgerszene hier in Nordrheinwestfalen und speziell in Lippe. Durch die Tatsache, dass es sich hierbei nicht um eine homogene Szene handelt, sondern um viele verschiedenen Gruppierungen in den unterschiedlichsten Größen, boten den Ansatz für meine ausgedachte Gruppe der Sennewölfe.

Ein dritter, historischer Aspekt, den ich beschreibe ergab sich aus dem Studium eines alten Buches über die Lippe in Ansichten und Geschichten. Dort wird von den Menschen erzählt, die hier in der Senne ihr karges Leben führten. Die Geschichte der Ortschaft Haustenbeck hat mich besonders fasziniert. Von dieser Ortschaft existieren heute nur noch eine Kirchenruine und die Einfriedung des ehemaligen Friedhofs. Ende der 1930er Jahre beschloss die Wehrmacht, die umliegenden Felder und das Dort aufzukaufen und die Bauern mit ihren Familien umzusiedeln. Man brauchte halt Platz für das Kriegsmaterial.

Heute liegt die Ortschaft inmitten des großen Truppenübungsplatzes, der unter britischer Verwaltung steht. Ich hatte das Glück, dass gute Kontakte mich in die angrenzende Generalmarschall-Rommel-Kaserne führten und der Spieß mit durch das Gelände und die Kaserne fuhr: in einem Wolf – einem tarnfarbenen  Geländewagen Mercedes G-250.

 

Wird es weitere Bände mit Christian Kupery geben?

Oh ja, ich hoffe doch sehr. Es gibt da noch einiges zu erzählen. Da wäre noch die Geschichte aufzulären, warum Kupery Freund Schlotti, der ehemalige Polizist, an den Rollstuhl gefesselt ist. Den dubiosen Einsatz, der ihm die Gesundheit gekostet hat, habe ich noch nicht erzählt. Mir würden es Vergnügen bereiten, Kupery einmal in Kur zu schicken, um zu sehen, ober er sich den Avancen eines Kurschattens erwehren kann…

 

Neben dem Schreiben stehst Du auch auf der Bühne und bist mit einem literarischen Programm von Erich Kästner unterwegs. Wie dürfen wir uns das vorstellen?

Jörg Czyborra
Foto: Jörg Czyborra

Das Programm „Was nicht in euren Lesebüchern steht“ ist gar nicht so neu. Entstanden ist es in seiner Urfassung bereits vor 10 Jahren. Damals traf ich auf Bernd Weidtmann, der nicht nur Fachbücher über Wirtschaftslehre schrieb, sondern auch als Rezitator unterwegs war. Unsere Frauen sangen im selben Chor und nach einem Konzert saßen wir zufällig nebeneinander an einer langen Tafel. Auf meine Frage, was er denn so treibe, beschrieb er mir sein Hobby und das er gerade an einem Programm zum Leben von Erich Kästner arbeiten würde. Ich gab kund, dass ich seit meiner Zivildienstzeit (lang, lang ist’s her) Texte von Erich Kästner im Stile der Liedermacher der 70er Jahre vertont habe. So fanden wir zusammen. Wir haben uns beim Nachlassverwalter die Genehmigung eingeholt, die Teste vortragen zu dürfen. Leider ist Bernd Weidtmann vor nun 3 Jahren verstorben. Da Erich Kästner in diesem Jahr seinen 125. Geburtstag hätte feiern können und wir auch seinen 50. Todestag bedauern konnten, habe ich das Programm aufleben lassen.

Ich habe weitere Programm entwickelt, wie „Wenn der Lebenskreis sich schliesst -Von Anfang und Ende von vom Jenseits der Zeit“ und „Buchstabensuppe oder Was Topf und Pfann‘ erzählen kann“.

Weitere Informationen zu anderen Projekten gibt es auf www.jörg-czyborra.de

 

Du bezeichnest Dich auch als Songwriter und Liedermacher. Hast Du ein besonderes Idol?

Ich habe einige Lieder für meine Frau geschrieben. „Hört sich an wie Reinhard Mey“ kommentiert sie häufig. Und ja, ich bin begeistert von Reinhard Mey und seinen Liedern und Texten.

 

 Könntest Du Dir vorstellen, noch ein anderes Genre auszuprobieren?

Eigentlich nicht. Ich bin jetzt 68 Jahre alt, da bleibt der Schuster wohl bei seinen Leisten. Aber wer weiß schon, was so einem alten Mann wie mir noch in den Kopf kommt.

 

Wie sieht Dein Schreiballtag aus? Hast Du bestimmte Rituale?

Es gibt nur ein Ritual: Meistens schreibe ich am Nachmittag. Ich brauche morgens einfach meine Zeit, um in die Gänge zu kommen. Am frühen Nachmittag fordert zunächst der Hund sein Recht auf einen Gassigang. Dabei wird der Kopf freigepustet.

 

Was ist schwieriger zu schreiben? Der erste oder der letzte Satz?

Den ersten Satz habe ich oft bereits in meinem Kopf, noch bevor das Schreiben überhaupt angefangen hat. Daher ist vielleicht der letzte Satz der schwierigere. Obwohl ich den häufig auch schon lange vor dem Ende im Kopf habe.

 

Wie kamst Du zum Schreiben? Was inspiriert Dich?

Mein Freund Joachim H. Peters, auch Krimiautor, Kabarettpartner und Nachbar war als Herausgeber der Anthologie „Bier mit Schuss“ noch auf der Suche nach einem Kurzkrimi. Ich habe einmal leise angedeutet, dass ich da noch eine Idee im Kopfe habe. Er forderte mich auf, diese Idee aufzuschreiben. So bin ich zu meiner ersten Veröffentlichung gekommen und war natürlich sehr stolz.

Ich mag die Menschen und die Gegend hier, in der ich gestrandet bin. Das Lipperland hat so viel zu bieten und von einem Teil möchte ich noch mehr erzählen.

 

Was ist bis jetzt der schönste Moment in Deiner bisherigen Zeit als Autor gewesen?

Wenn Du am Samstag morgen beim Bäcker in der Schlange stehst und ein Dir unbekannter Mensch sagt: „Ich habe ihren Roman gelesen. Ich finden den richtig toll!“ ist das schon ein sehr, sehr schöner Moment.

 

Und zu guter Letzt: An was arbeitest Du gerade?

Am 21.11. ist die Premierenlesung der „Sennewölfe“. Ich sitze und feile noch am Vortrag.

 

Liebe Jörg, vielen Dank für das interessante Interview.

 

Jörg Czyborra

Jörg Czyborra wurde 1956 in Mülheim an der Ruhr geboren. Sein Vater brachte ihm die ersten Griffe auf der Gitarre bei. Seither begleitet die Musik sein Leben. Nach der Ausbildung zum Bankkaufmann und diversen Stationen in Handel und Industrie war er zuletzt in der Buchhandlung seiner Frau als »Assistent der Geschäftsleitung« tätig. Heute wohnt er in Oerlinghausen, dem westlichen Zipfel von Lippe. Wenn er nicht gerade schreibt, literarisch-musikalische Vorträge konzipiert oder mit seinem Freund Joachim H. Peters an neuen Kabarettprogrammen bastelt, genießt er mit seiner Frau den wohlverdienten (Un-)Ruhestand.

In seiner Krimireihe um Christian Kupery verarbeitet er zahlreiche persönliche Erlebnisse aus seiner Wahlheimat Lippe.

 

Jörg Czyborra mit Carmen Vicari auf der Frankfurter Buchmesse 2024

 

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