Liebe Marion,
zunächst einmal vielen Dank, dass Du Dir die Zeit nimmst und mir zu einem Interview bereitstehst. Dein neustes Sachbuch „Priorität Nr. 1 nach der stillen Geburt: Trauerarbeit um dein Sternenkind“ ist gerade erschienen.
Magst Du kurz erzählen, um was es darin geht?
Ja, gerne. In meinem Buch geht es um die Trauerarbeit. Im Speziellen, um die Trauerarbeit, wenn man sein Kind in der Schwangerschaft, unter der Geburt oder kurz nach der Geburt verloren hat. Es geht zum einen um die Phasen im Trauerprozess – so wie er bei der Trauerbewältigung gemäß Forschung abläuft. Zum anderen geht darum, wie Betroffene den eigenen Weg finden können, um ihren Verlust und die Schmerzen zu verarbeiten.
Wieso liegt diese Thematik Dir so am Herzen?
Ich habe aufgrund meiner eigenen Verlusterfahrung und dem offenen Umgang damit erlebt, dass viele Menschen sich mit gegenüber mit ihrem Verlust öffneten. Da war so viel Traurigkeit. Mitunter sprachen sie das erste Mal so richtig über ihre Gefühle. Ganz viele Emotionen wurden nicht richtig verarbeitet, weil die Menschen niemanden hatten, der ihnen zuhörte oder weil sie sich nicht getraut haben, darüber zu sprechen. Oft wurde das Kind (noch) nicht ins Leben und die Familie integriert, bspw. durch eine Geburtsurkunde. Oder es gibt keinen Ort, an dem die Trauer möglich ist, weil es keine Beisetzung gab. Gerade bei Sternenkindern, die früh wieder gehen (in den ersten 12. Wochen), wird oft nicht über die Schwangerschaft gesprochen. Es kann dann schwierig sein, einen Umgang mit dem Verlust zu finden, vor allem dann, wenn Worte wie „ es war nur Zellhaufen“ fallen und das Kind dadurch entfremdet wird. Ich will anderen Mut machen zu trauern und ihre eigene Trauer, in welcher Form auch immer, anzuerkennen.
Fließen eigene Erfahrungen in das Buch mit ein?
Ja, in das Buch fließen traurigerweise meine eigenen Erfahrungen mit ein. Ich habe insgesamt vier Fehlgeburten gehabt. Drei meiner Kinder gingen im ersten Trimester und bei meiner Tochter Loreley lag die pränatale Diagnose Spina bifida vor. Ich musste entscheiden, ob ich die Schwangerschaft austragen oder abbrechen. Ich habe mich für den Schwangerschaftsabbruch entschieden und habe meine Tochter Loreley in der 24. Schwangerschaftswoche am 17.3.2023 tot zur Welt gebracht. Das Buch ist Teil meiner eigenen Verlustbewältigung und gleichzeitig eine Art Ratgeber mit Impulsen für die Umsetzung. Die Lesenden können meine Gedanken und meinen Weg nachvollziehen und zum andern ihren eigenen Weg finden.
Welche Zielgruppe soll Dein Buch erreichen?
In erster Linie sollten Betroffene, d.h. Mütter und Väter als auch An- und Zugehörige das Buch lesen. Darüber hinaus habe ich es auch für Interessierte und Fachpersonal, wie beispielsweise Hebammen oder Ärzte, Ärztinnen, Therapeut:innen und Trauerbegleiter:innen geschrieben. Um selbstsicher im Umgang mit Betroffenen zu werden, kann jeder Mensch das Buch lesen und Impulse und Gedanken mitnehmen.
Könntest Du Dir vorstellen, auch einen Roman zu schreiben?
Puh, ein Roman? Ich habe ganz viel Respekt vor Romanautor:innen. Ich selbst kann es mir vorstellen, doch die Umsetzung wäre mit so viel Aufwand verbunden, dass ich lieber bei meiner Buchtherapie bleibe. Ich glaube, dass das Leben selbst die krassesten Geschichten schreibt und widme mich dem Aufschreiben, damit andere davon lernen können.
Wie kamst Du zum Schreiben? Was inspiriert Dich?
Also inspiriert haben mich eigentlich diese Mädchen, die ich in Filmen gesehen habe. Die verträumt auf ihrem Bett liegen, mit einem flauschigen Buch und einem Stift, an dem hinten Federn dran sind. Ich wollte auch dazu gehören und fing mit 12 Jahren an, mein Tagebuch zu schreiben. So Anfang 20 habe ich damit aufgehört, denn ich dachte „ach, das ist ja so mädchenhaft dieses Tagebuchschreiben“. Ich hatte das Gefühl, dass ich aus der Phase raus bin. Mir waren damals nicht bewusst, dass Schreiben meine Art der Verarbeitung ist, um Sachen loszulassen. Ich fing 2015 wieder an zu schreiben. Da war ich mit meiner Depression in einer psychosomatischen Klinik und meine Therapeutin hatte mir geraten ein Kliniktagebuch zu schreiben, um zu reflektieren. Daraus entstand 2019 dann letztendlich auch mein erstes Buch „Das Leben ist BUND – Die lange Depression“.
Was ist bis jetzt der schönste Moment in Deiner bisherigen Zeit als Autorin gewesen?
Lass mich überlegen… Das war 2020, kurz nach der Veröffentlichung BUND. Da habe ich eine Nachricht bei LinkedIn bekommen. Die Person hatte mein Buch gelesen und schüttete mir ihr Herz aus. Einfach so. Ich war erstaunt, welche Nähe mein Buch hergestellt hatte. Das ist mir vorher überhaupt nicht bewusst gewesen. Ich hatte nicht erwartet, dass das passiert. Dass jemand durch dieses Buch wirklich das Gefühl hat mich so gut zu kennen und mir so tief zu vertraut. Ich war zunächst irritiert, doch dann fühlte ich mich so erfüllt und dankbar. Das war für mich bisher der schönste Moment, weil der zu unglaublich viel Bewusstsein geführt hat.
Und zu guter Letzt: An was arbeitest Du gerade?
Ich arbeite gerade an dem dritten Teil meiner Schwangerschaftsreihe. Der Arbeitstitel lautet „Vertrauensvoll in die neue Schwangerschaft“. Auch dieses Buch resultiert aus meinem eigenen Erleben. Nach meinem Verlust musste ich zunächst die Entscheidung treffen, ob wir es noch einmal probieren. Dann ging es darum wieder Vertrauen zu fassen – in mich, ins Leben und in meinen Körper, um mich auf eine neue Schwangerschaft vorzubereiten. Als ich dann schwanger war, war ich mit meinen Ängsten konfrontiert. Da geht das Kopfkino erst richtig los. So eine Folgeschwangerschaft nach einem Verlust ist das krasseste Mentaltraining, was man sich vorstellen kann und darauf möchte ich andere Sterneneltern vorbereiten. Ich nehme auch meine Erfahrungen als Regenbogenmama mit rein. Welche das sind, will ich aber noch nicht verraten. Ich freue mich auf jeden Fall schon tierisch auf den NaNoWriMo, denn da will ich das Manuskript fertigstellen, damit ich im März 2025 veröffentlichen kann.
Liebe Marion, vielen Dank für das interessante Interview.
Gerne. Ich danke dir für deine spannenden Fragen.
Marion Glück
Marion Glück ist Mutter von 4 Sternenkindern und Projektor 5/1, für die Kenner des Human Designs. Nach der Schule lebte sie ein Jahr als Au-pair in den USA. Anschließend wurde sie Bankkauffrau, dann Marineoffizier. Im Rahmen ihrer Ausbildung studierte sie Betriebswirtschaftslehre. Nach ihrem Ausscheiden aus der Bundeswehr und dem Ende ihrer Psychotherapie schrieb sie ihr erstes Buch „Das Leben ist BUND – Die lange Depression“. Diese Erfahrungen führten sie durch eine Reihe von Ausbildungen im Bereich der Persönlichkeitsentwicklung für ein gesundes, glückliches und erfolgreiches Leben. Währenddessen sammelte sie als Training Managerin in einem DAX-30-Konzern und als Vorstandsmitglied im internationalen Netzwerk WISTA (Women’s International Shipping and Trading Association) weitere Erfahrungen. Sie entwickelt Mentoring-Programme und ist Geschäftsführerin im Glücksuniversum. Dort begleitet sie auch durch Einzelgespräche oder die Methode Buchtherapie – Heilen durch Teilen und Genesen durch Lesen andere Menschen bei ihrer Entwicklung und ist als psychologische Businessmentorin für Führungskräfte mit besonderen Herausforderungen da. Die Autorin lebt mit ihrer Familie in Teltow bei Berlin.
Liebe Carmen,
vielen Dank für deine Zeit und deine Fragen.
Ich wünsche dir ein schönes Weihnachtsfest und einen entspannten Start ins neue Jahr.
Herzliche Grüße,
Marion
Danke für dieses Interview mit interessanten Fragen und spannenden Antworten, da war auch für mich Neues dabei, obwohl ich von Marion Glück schon viel gelesen habe <3
Und das wichtigste habe ich ganz vergessen, ich freue mich sehr auf dein 3. Buch liebe Marion, da ist ein Interview mit dir liebe Carmen, sicher auch wieder sehr interessant 🙂