Interview mit Eva Geßner

 

Eva Gessner Foto: Theresa Wallrath

Liebe Eva,

zunächst einmal vielen Dank, dass Du Dir die Zeit nimmst und mir zu einem Interview bereitstehst. Deine aktuelle Thrillerreihe dreht sich um Kriminalhauptkommissarin Franziska Frey Der neustste Band trägt Titel Vergessene Seelen“.  Magst Du kurz erzählen, um was es geht?

Vergessene Seelen“ ist der zweite Band einer Reihe um die beiden Kommissarinnen Franziska Frey und Tessa Anders. Band 1 „Seelenkalt“ ist Ende 2023 erschienen und die Zusammenarbeit mit den beiden weiblichen Hauptfiguren hat so viel Spaß gemacht, dass ich einfach weitergeschrieben habe.

 

Vergessene Seelen: Ein nervenaufreibender Psychothriller mit einer taffen Kriminalkommissarin (Ein Fall für Kommissarin Frey 2) – Eva Geßner
ASIN ‏ : ‎ B0DSPFKGPR
Herausgeber ‏ : ‎ dp Verlag (16. Januar 2025)
Seitenzahl der Print-Ausgabe ‏ : ‎ 488 Seiten

Worum es diesmal geht? Ich lasse am besten mal den Klappentext für mich sprechen, denn der ist sehr gelungen, wie ich finde:

Eine junge obdachlose Frau wird tot auf einem Spielplatz gefunden – erwürgt, missbraucht und ihr rechter Fuß abgetrennt. Ein Verbrechen, das Kommissarin Franziska Frey zutiefst erschüttert. Doch während die Ermittlungsarbeiten auf Hochtouren laufen, schlägt der Täter erneut zu – nach dem selben brutalen Muster. Für Franziska ist umgehend klar: Es handelt sich um einen Serienmörder. Kommissarin Frey und ihr Team stehen vor einem Rätsel. Es gibt kaum brauchbare Hinweise auf den Täter. Doch plötzlich überschlagen sich die Ereignisse und Tessa Anders gerät in das Visier des Mörders. Ein Wettlauf gegen die Zeit beginnt …

 

Deine Thriller bezeichnest Du als sozialkritisch. Kannst Du das näher ausführen?

Ich behandele in meinen Büchern Themen, die im gesellschaftlichen Diskurs meiner Meinung nach zu kurz kommen. In „Seelenkalt“, dem ersten Band der Reihe um die Kommissarinnen Franziska Frey und Tessa Anders geht es um die gesellschaftlich anerkannte Prostitution und die Schattenseiten ihrer Liberalisierung in Deutschland seit 2001. Das Besondere an dem Text ist, dass ich keinen oberflächlichen und voyeuristischen Blick auf das Rotlichtmilieu werfe, sondern echte Aussteigerinnen Gehör finden und von ihren Erfahrungen, Ängsten und Nöten berichten. Anders ausgedrückt: ich habe mir die Geschichten und Erfahrungen der Frauen nicht ausgedacht, sondern lediglich verfremdet. Das geht besonders unter die Haut.

Im zweiten Band „Vergessene Seelen“, der im Januar 2025 erscheint, ist das vorherrschende Thema Obdachlosigkeit von Frauen. Ihre Zahl nimmt dramatisch zu und man sieht sie kaum im Alltag, weil gerade Frauen es meisterhaft verstehen, ihre Situation zu kaschieren. Das nennt man verdeckte Obdachlosigkeit und diese findet m.E. zu wenig Beachtung in der Öffentlichkeit.

Auch in diesem Band verwende ich Beispiele, die von betroffenen Frauen geschildert wurden: in Büchern, Zeitungsartikeln oder Fernsehdokumentationen.

 

Seelenkalt – Eva Geßner
ASIN ‏ : ‎ B0CFYLLPKQ
Herausgeber ‏ : ‎ dp Verlag (1. September 2023)
Sprache ‏ : ‎ Deutsch
Seitenzahl der Print-Ausgabe ‏ : ‎ 478 Seiten

Mit Deinem Vater zusammen hast Du Deine erste Geschichte entwickelt. Was wurde aus dieser und ist Dein Vater auch Schriftsteller?

Es war eine Geschichte über freundliche Außerirdische, die in unserem Garten gelandet sind und viel Schabernack getrieben haben. Bei meinem Auszug von zu Hause hatte ich sie noch im Gepäck, aber irgendwann ist sie irgendwo verloren gegangen. Ich trauere ihr immer noch nach.

Und nein, mein Vater war Deutsch- und Geschichtslehrer. Leider hat er nicht mehr erlebt, dass ich Bücher schreibe. Er war ein großer Krimifan und hätte es sicher toll gefunden.

 

Könntest Du Dir vorstellen, auch in einem anderen Genre aktiv zu werden?

Nein, ich glaube nicht. Ich könnte mir aber vorstellen, dem klassischen Thriller vielleicht eines Tages den Rücken zu kehren, bzw. eine Spielart davon mal auszuprobieren. True Crime.

Ich habe kürzlich „Bright young women“ von Jessica Knoll gelesen. Darin geht um einen der berüchtigtsten Serienkiller der USA. Erzählt wird die Geschichte allerdings aus einer vollkommen anderen Perspektive, als man jetzt vielleicht denken mag. Denn das Buch handelt nicht von ihm, sondern von zwei mutigen Frauen, einer Augenzeugin und einer Psychologin, die gegen Widerstände aus Justiz und Polizei, den Täter auf eigene Faust jagen. Ein feministisches Buch, ein spannendes Buch, das ich nicht aus der Hand legen konnte.

So eine Geschichte würde ich auch gerne schreiben. Ich suche derzeit nach einer geeigneten True Crime Story, die ich erzählen möchte.

 

Wie sieht Deine Schreiballtag aus? Hast Du bestimmte Rituale?

Da ich, wie viele meiner Mitstreiter:innen vom Schreiben nicht leben kann, gehe ich einem Brotjob nach. Das mache ich seit einer Weile in Teilzeit, damit ich die Nachmittage zum Schreiben habe. Arbeiten – Sport – Schreibtisch. Und am Abend kochen mit meinem Mann. So sieht ein perfekter Tag aus. Wenn das viermal die Woche gelingt, ist alles gut. Kontinuität ist das Wichtigste. Und Ruhe. Ich könnte niemals in einem Café schreiben, wenn um mich herum das Leben tobt.

 

Wie kamst Du zum Schreiben? Was inspiriert Dich?

Eigentlich hatte ich in den 90er Jahren die Idee zu einem Mittelalterroman. Lag wohl am Studium. Ich hab Geschichte studiert. Aber es ist nie zu einer Umsetzung gekommen. Erstmal kam das Leben dazwischen. Man kann das so abkürzen: Keine Zeit, kein Geld. Aber der Wunsch, doch mal ein Buch zu schreiben, war immer da. Und Ansätze gab es viele. Meine digitale Schublade ist voll davon. Irgendwann hatte ich genug: Von meiner Arbeit als Freelancerin, vom ständigen unterwegs sein und von den ganzen unfertigen Manuskriptleichen auf meiner Festplatte. Also bin ich ausgestiegen und hab mir Zeit genommen. Ein Jahr, um genau zu sein und dann war „Niemand wird dich hören“ auf einem guten Weg.

Was mich inspiriert? Das Leben. Meine Themen fische ich aus der Tagespolitik. Meistens durch eine Nachricht, die mich stutzig macht wie z.B. 2017 die Novellierung des Prostitutionsschutzgesetztes. Fand ich so hanebüchen, dass ich angefangen hab zu recherchieren. Und „Seelenkalt“ kam dabei heraus.

Ähnlich war es auch mit „Vergessene Seelen“. Da hab ich in der ZEIT einen Bericht über obdachlose Frauen gelesen, der mich so aufgewühlt hat, dass ich weitergraben musste.

 

Was ist bis jetzt der schönste Moment in Deiner bisherigen Zeit als Autorin gewesen?

Der wohl schönste Moment war, als mein erstes Buch „Niemand wird dich hören“ veröffentlicht wurde. Das ist wirklich was Besonderes. Davor lag die Hürde, eine Agentur zu finden. Denn ohne ist es schwierig bis unmöglich einen Verlag für sich zu gewinnen. Das mit der Agentin hat so reibungslos geklappt, dass ich mir heute manchmal noch die Augen reibe vor Verwunderung. Denn damit war klar: ich bin nicht gänzlich unbegabt, was das Schreiben angeht J.

 

Und zu guter Letzt: An was arbeitest Du gerade?

Nach dem Buch ist vor dem Buch. Ich arbeite am dritten Band für „Frey & Anders“.

 

Liebe Eva, vielen Dank für das interessante Interview.

Liebe Carmen, ich danke dir für deine Unterstützung.

 

 

Eva Geßner

Eva Geßner wurde 1968 im Rheinland geboren und wohnt in Köln.

Als Kind las sie so ziemlich alles, was sie in die Finger bekam, aber am liebsten Kriminalgeschichten und Abenteuerromane. Ihre erste Kurzgeschichte schrieb sie bereits mit 10 Jahren. Der Plot und die Bilder von Jeff Waynes War of the worlds hatten sie so verängstigt, dass ihr Vater kurzerhand eine Gegengeschichte mit freundlichen Außerirdischen erfand, die die beiden zusammen weitergesponnen und aufgeschrieben haben.

Nach dem Abitur studierte sie Geschichte und Geographie in Köln und arbeitete als freiberufliche IT-Trainerin und Beraterin. Dieser Job führte sie kreuz und quer durch die Republik, mit einem längeren Aufenthalt in München. 2014 kehrte sie ins Rheinland zurück. Das Schreiben ist ein fester Bestandteil ihres Lebens geworden. Die nächsten Projekte sind bereits in Planung.

 

 

 

 

 

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