…

Foto: Andreas Schörnig
Auf der 2. Stuttgarter Buchmesse 2025 lernte ich den Autor Wolfgang Breitkopf kennen. Wir kamen ins Gespräch, über Bücher und den Lokalkolorit, und dass wir eine besondere Gemeinsamkeit haben. Bücher aus der Urlaubsregion lesen zu wollen. Wolfgang ging das Gespräch so nach, dass er einen Gastbeitrag dazu verfasst, dessen Inhalt ich mich nur anschließen kann:
Immer wenn ich einen Urlaub plane, suche ich nach Büchern, die an meinem Urlaubsort spielen. Dort angekommen, freue ich mich wie ein Kind, wenn ich einen der Plätze finde, an dem „soeben“ noch der „Commissario“ gesessen hat. Wer einmal in Barcelona auf den Spuren von Ruiz Zafóns „Im Schatten des Windes“ gewandelt ist, weiß, welche Faszination es ausübt, Literatur und eigenes Erleben miteinander zu verbinden.
Ich selbst schreibe unter anderem Dänemark-Krimis. Oft werde ich gefragt, wie viel Realität in meinen Romanen steckt. Wann verwende ich tatsächliche Orte und Gegebenheiten, wann beginnt die Fiktion, und vor allem: Warum und an welchen Stellen entscheide ich mich, von der „Wirklichkeit“ abzuweichen?
Diese Frage lässt sich nicht allgemein gültig beantworten.
Einmal sagte mir in einem Workshop Remy Eyssen, ein erfolgreicher Krimi- und Drehbuchautor: „Ein guter Urlaubs-Krimi ist kein Reiseführer!“ Als ich mit dem Schreiben meines ersten Dänemark-Krimis begann, wurde mir klar, wie viel Wahrheit in dieser Aussage steckt. Obwohl es inzwischen durchaus Romane gibt, bei denen die Grenzen verschwimmen oder die sich eher wie ein Restaurantführer lesen.
Ich selbst schreibe überwiegend über Gegenden, die ich kenne. Tatsächlich geht es mir darum, Örtlichkeiten sowie regionale und kulturelle Eigenheiten – das sogenannte Lokalkolorit – authentisch einfließen zu lassen.
Mir ist es vor allem wichtig, die Atmosphäre wiederzugeben. Doch einfach so Lokalkolorit einzubauen, ohne dass es eine Beziehung zu den subjektiven Empfindungen und Sinneseindrücken der handelnden Figuren gibt oder ohne dass es eine Relevanz für die Handlung hat, wirkt unnatürlich.
Im Vordergrund steht deshalb immer die Geschichte des Romans, und für diese muss ich die Wirklichkeit manchmal eben „biegen“.
Des Weiteren muss man als Autor bei der Verwendung von real existierenden Örtlichkeiten immer die rechtliche Situation im Blick behalten und vor allem Persönlichkeitsrechte wahren. Kein Restaurantbesitzer ist erfreut, wenn sein Restaurant in einem Roman zum Drogenumschlagsplatz erklärt wird.
Es kommt daher vor, dass ich zum Beispiel Gebäude „versetze“ oder dazu erfinde. Wenn für die Handlung ein verfallenes Haus notwendig ist und in diesem Ort keines steht, baue ich es virtuell. Wichtig ist mir dabei, dass es zumindest an diesem Platz existieren könnte.
Hier beginnt die künstlerische Freiheit!
Die schwierige Aufgabe für Autoren besteht also darin, eine Balance zwischen Wirklichkeit, Fiktion und Wiedererkennungswert zu finden, die im Einklang mit der Handlung steht.
Inwieweit mir das als Autor letztendlich gelungen ist, entscheiden dann ausschließlich die Leser und Leserinnen.
Es gibt kein Patentrezept, um jeden glücklich zu machen und treffsicher das eine vom anderen zu unterscheiden. Mein Vorschlag ist: Ärgern Sie sich nicht darüber, dass Sie einen in einem Buch beschriebenen Ort anders in Erinnerung haben, sondern machen Sie einfach ein „Spiel“ daraus, zu erraten, welche Orte echt und welche erdacht sind.
Wolfgang Breitkopf
Wolfgang Breitkopf wurden in Plochingen geboren, arbeitet und lebt in Stuttgart. Im Jahr 2004 begann er mit dem Schreiben von Kurzgeschichten und Märchen und liebt es, auf diese Weise seiner Kreativität Raum zu geben. Seine Freizeit verbringt er mit Schreiben und Reisen, wobei besonders die nördlichen Gefilde Europas es ihm angetan haben.
Unter seinem Pseudonym Jonas W. Bentsen ist seine Dänemark – Krimireihe erschienen.
1 thoughts on “Gastbeitrag: Urlaubs-Krimis zwischen Fiktion und Wirklichkeit – Wolfgang Breitkopf”