Interview mit Petra A. Bauer

 

Foto: Petra A. Bauer
Petra A. Bauer
Foto: Petra A. Bauer

Liebe Petra,

Vielen Dank, dass Du Dir Zeit nimmst, für ein kurzes Interview. Unter Deinem Pseudonym Katarina
Andersson-Wallin ist vor kurzem der zweite Teil der Swedish-Romance- Reihe „Lussekattertage
erschienen. Magst Du etwas zum Inhalt erzählen?

Danke, dass ich deine Fragen beantworten darf, liebe Carmen.

In Lussekattertage geht um die Berlinerin Nathalie, deren Mann und Vater ihrer zwei kleinen Kinder vor einiger Zeit gestorben ist. Zwei weitere Schicksalsschläge führen dazu, dass sie den Traum ihres Mannes von einem Haus in Schweden erfüllt, was nur mit Hilfe ihrer Schwester möglich ist.

Es gibt einige Hindernisse zu überwinden, und als Nathalie feststellt, dass ihr Schwedischlehrer frappierende Ähnlichkeit zu ihrem verstorbenen Mann hat, macht es die Sache nicht gerade einfacher. Sie zweifelt oft an der Richtigkeit ihrer Entscheidung in Berlin alle Brücken abzubrechen.

Die namensgebenden Lussekatter – das schwedische Safrangebäck, das immer in der Zeit um den Luciatag im Dezember gebacken wird – spielt eine größere Rolle im Buch, da Nathalie gelernte Konditorin ist. Und nun fragen wir uns alle, ob Nathalie in Schweden vielleicht doch ihr Glück finden kann. Beruflich und in der Liebe.

 

Wieso erscheint diese Reihe unter einem Pseudonym und wieso fiel die Wahl gerade auf „Katarina Andersson-Wallin“?

Ich fange mit dem zweiten Teil der Frage an: Viele Schwedinnen heißen Katarina, und Ich finde, dass es ein schöner, klangvoller Name ist. Andersson fängt mit A an, und es ist immer gut, im Alphabet vorne zu stehen. Den Namen Katarina Andersson gab es beim Googlen zu häufig. Ich mochte ihn aber, und dachte deshalb über eine Doppelnamen-Lösung nach. Wallin ist ein gebräuchlicher Schwedischer Nachname, der mich an Wallander erinnert. Wer sich nicht auskennt: Kurt Wallander ist der Kommissar aus den Krimis von Henning Mankell, die ich alle gelesen und geliebt habe.

Dass die Reihe unter einem Pseudonym erscheint, hat etwas mit Marketing zu tun. Ich wollte eigentlich nie ein Pseudonym haben, weil ich (immer noch) finde, dass jeder wissen kann, dass ICH die Bücher geschrieben habe. Ich kenne aber die Praxis von Verlagen, die ihren Autor:innen bei jedem Ausflug in ein anderes Genre ein neues Pseudonym verpassen. Dann kommt es zu Konstrukten, dass manche Kolleg:innen acht oder mehr Pseudonyme haben.

Das hat zwei Gründe: Vielschreibende haben immer noch einen schlechten Ruf, weil die Annahme immer noch sehr verbreitet ist, dass man für ein Buch lange brauchen müsse, damit es gut wird, und dass bei schnell geschriebenen Büchern kein Herzblut drinstecke. Spoiler: Das stimmt kein bisschen. Aber wegen dieses Vorurteils werden von Verlagen Pseudonyme vergeben, damit ein hoher Output nicht so auffällt.

Der zweite Grund ist, dass Verlage ihre Lesenden nicht verwirren wollen. Stellen wir uns mal vor, Stephen King würde plötzlich eine zuckersüße Liebeskomödie schreiben. Man könnte zwar schon am Cover merken, dass es kein King-Horror ist, aber um auf Nummer sicher zu gehen, kommt auch noch ein anderer Name drauf. Damit jeder weiß: Wo King draufsteht ist Horror drin, und wo Betty Blümchen draufsteht, gibt’s Liebe und Spaß.

Und als ich die #SwedishRomance-Reihe schreiben wollte, fühlte es sich für mich plötzlich völlig falsch an, diese Geschichten unter Petra A. Bauer zu veröffentlichen. Da ich ohnehin eine sehr lange Schreibpause hatte und quasi bei null wieder anfangen musste, schien es mir der beste Zeitpunkt zu sein, ein Pseudonym einzuführen. Es war auch von Anfang an ein offenes Pseudonym, das nur dazu dient zu signalisieren: Wo Katarina Andersson-Wallin draufsteht sind Schweden-Liebesromane drin.

 

Woher kommen die Ideen für Deine Bücher?

Die kommen buchstäblich von überall her. Alles, was mich irgendwie inspirieren kann, ist geeignet. Manchmal lese ich z. B. einfach irgendwo ein Wort, das eine Gedankenlawine auslöst, oder ich sehe einen Menschen und habe eine Geschichte zu ihm im Kopf.

Manchmal muss ich aber auch gezielt Ideen generieren, wie für meinen Debütkrimi „Wer zuletzt lacht, lebt noch„. Dafür bin ich extra mit meiner Familie am Alex spazieren gegangen. Das Buch musste laut Vertrag im Ostteil Berlins spielen und ich bin Westberlinerin mit null Verbindung dorthin. Also war es quasi eine Mini-Recherchereise.

Wir sind bei unserem Spaziergang auch in einer Ausstellung in der Nikolaikirche gelandet, und dort hat mich ein schmiedeeisernes Gitter zu einer Mordszene inspiriert. Der Rest hat sich von selbst entwickelt, auch dass die Geschichte in der Filmszene spielt. Da konnte ich meine eigenen Erfahrungen einfließen lassen, die ich gemacht habe, als unsere Jüngste die Babyhauptrolle in einem Harald-Juhnke-Film hatte.

 

Du schreibst neben Krimis auch Kinder- und Jugendbücher sowie Ratgeber rund um das Thema Kinder und Familie. Sind diese Genres für Dich eine Abwechslung oder eher eine Ergänzung?

Eigentlich beides. Einmal braucht mein Hirn die Abwechslung. Wer mit ADS „gesegnet“ ist, kennt es: Lange bei einer Sache zu bleiben ist schwierig. Bei mir ist es inzwischen zumindest beim Schreiben besser geworden, sonst könnte ich keine Reihen schreiben. Und dann nehmen Kinder und Familie einen großen Platz in meinem Leben ein. Deshalb ist dieses Thema eine wichtige Ergänzung. Vor über zehn Jahren entstand dazu auch mein Onlinemagazin für berufstätige Mütter mama-im-job.de. Ich habe damals auch noch für Familienzeitschriften und Medienverlage zu diesen Themen geschrieben, aber dafür fehlt mir heute die Zeit.

 

Wie sehen Deine Recherchearbeiten aus? Läufst du die Wege Deiner Protagonisten ab?

Bei der #SwedishRomance-Reihe habe ich ganz viele Orte im Kopf und zusätzlich eine Menge Fotos von früheren Urlauben und jetzt von der Gegend um unser Haus. Da entfällt sehr viel Recherche. Zur Not gucke ich sonst nach speziellen Plätzen, wenn ich wieder vor Ort bin. Aber wir waren seit 1999 immer wieder mal in verschiedenen Gegenden Schwedens, und da hat sich einiges sehr in mein Hirn eingebrannt.

Und ich sehe gerade, dass ich bei der Frage danach, woher die Ideen für meine Bücher kommen, auch die Recherchefrage schon beantwortet habe 😉

Für meine zweisprachigen Kinderkrimis und Mädchenromane bei Langenscheidt habe ich Eindrücke aus Urlaubsreisen mit Onlinerecherche via Google-Streetview gepaart.

 

Hast du Rituale beim Schreiben? Wie sieht ein ganz normaler Tag bei Dir aus?

Da musste ich gerade ein bisschen schmunzeln. Bei mir gibt es keine normalen Tage!

Es gibt Kolleginnen, die haben einen festen Ablauf. Erst Mails, dann zwei Stunden am Manuskript arbeiten, dann Social Media, etc. Ich finde es großartig wenn das jemand kann, weil es das Leben vermutlich einfacher macht und ich für meine Bücher dann nicht so lange brauchen würde.

Nehmen wir mal heute: Ich habe zunächst mein (fast) tägliches Tee- / Kaffeetassenfoto für meine Instastory inszeniert (ok, das ist beinahe etwas wie ein Ritual). Diesmal habe ich sogar mal angewendet, was ich neulich nachts über Bildkomposition und -bearbeitung am iPhone in einem Onlinekurs gelernt habe. Und weil Pflanzen auf dem Bild sind, habe ich die Story auch in meinem „grünen“ Account @bauerngartenfee geteilt (ich sage jetzt nicht, dass ich sechs Instagram-Accounts habe, pssst). Da bin ich dann ein bisschen in meinem Feed hängengeblieben und habe ein wunderschönes Herbstfoto wiedergefunden, das ich auch in der @writingwoman-Story geteilt habe. Zusammen mit der Frage, ob meine Folgenden eher Team Herbst oder Team Frühling seien. Förderung der Interaktion und so.

Dann habe ich deine Frage entdeckt, ob ich schon Zeit hatte mir die Interviewfragen anzusehen …

Bis auf drei Fragen hatte ich sogar schon nach und nach alle beantwortet (es fällt mir schwer über mich zu schreiben und meine Antriebsschwäche macht es nicht besser. Großes Sorry an dieser Stelle!). Also erledige ich gerade die restlichen Fragen.

Was ich danach mache, weiß ich tatsächlich noch nicht. Ich sollte am Manuskript weiterschreiben, aber das Aquarium schreit nach einem Wasserwechsel und ich hatte mir vorgenommen zeitnah das Wohnzimmer umzuräumen, weil es schon zu lange gleich aussieht. Das würde allerdings lange dauern. Eine lange überfällige Podcastfolge könnte ich auch aufnehmen (weil gerade mal niemand hier ist, der Nebengeräusche produzieren könnte) oder die Aufnahme für die „Verhörbuchung“ von Mittsommer-Romanze vorbereiten.

Was ich aber noch machen werde: Mein Patreon-Schreibtagebuch bestücken. In meinem Liveticker-Schreibtagebuch 2023, das unter dem Titel „Bücher schreiben mit ADHS“ am 1. Februar als Ebook erschienen ist, kann man sehr schön erkennen, wie unterschiedlich meine „normalen“ Tage aussehen und wie oft ich alles liegen lassen muss, um „Familienfeuerwehr“ zu spielen 😉 Und was es alles braucht, um ein Buch zu schreiben und im Eigenverlag zu veröffentlichen.

 

Was ist bis jetzt der schönste Moment in Deiner bisherigen Zeit als Autorin gewesen?

Das war, als die Produktionsfirma, die den Berliner Tatort und Schloss Einstein produziert, „Wer zuletzt lacht, lebt noch“ als Serie produzieren wollte. Leider habe ich dann auf jemanden gehört, der mir sagte, dass ich nach einem Optionsvertrag fragen sollte. Einen Optionsvertrag schließt eine Produktionsfirma mit (Drehbuch-)Autoren ab, um sich die Filmrechte zu sichern, damit kein anderer ihnen zuvorkommt. In den USA ist das eine Methode, wie Drehbuchautoren super von unveröffentlichten Drehbüchern leben können. Hierzulande gibt es nur wenig Geld dafür, die Verträge werden aber trotzdem gelegentlich abgeschlossen. Ich hätte darauf auch gerne verzichtet, wenn die Serie realisiert werden würde. Aber aufgrund dieser Frage (die meiner Unkenntnis deutscher Gepflogenheiten in Produktionsfirmen und diesem gut gemeinten Rat geschuldet war), war ich wohl plötzlich zu unbequem und das war es dann mit dem Projekt. Obwohl sie so begeistert waren und schon konkrete Pläne hatten. Und sie sind auf MICH zugekommen und nicht umgekehrt. Ich habe es unter „Shit happens“ abgehakt.

 

Aber es gab auch andere „schönste“ Momente:

  • Das erste Mal als ich gefragt wurde, ob ich ein Buch schreiben möchte.
  • Das erste Mal als ich mich mit einem Exposée bei einem Verlag  bewarb und direkt gefragt wurde, ob ich nicht auch gleich für eine weitere Serie schreiben möchte.
  • Als mich Sat1 als Kinderbuch-Expertin anfragte und  ich dann Kinderbücher im TV rezensierte, die von Promis geschrieben wurden.
  • Als der rbb einen dreiminütigen Beitrag über mich drehte, für den wir uns an einigen Schauplätzen von „Wer zuletzt lacht, lebt noch“ aufhielten.
  • Als ein ganzseitiges Porträt über mich in der Berliner Morgenpost erschien.
  • Als ich mit der Berliner Krimilegende Horst Bosetzky (besser bekannt als -ky) zum Thema Krimi in einer Sendung beim Berliner Rundfunk war.
  • Als ich eine Schullesung in einem Englisch-Schwerpunktkurs hatte und die Kinder nicht nur im Foyer ein riesiges Plakat  mit Infos aus meinem Wikipedia-Beitrag aufgehängt hatten, sondern sogar den Anfang des Buches als zweisprachiges Rollenspiel aufgeführt haben. Da war ich wirklich gerührt.

Das alles (und noch viel mehr) hat mich unglaublich happy gemacht. Vor allem, weil ich (bis auf die Sache mit dem Exposée) nichts davon selbst angeleiert hatte, sondern einfach über mein Autorenblog gefunden wurde, das bereits seit 2002 besteht. (autorenblog.writingwoman.de)

Heute (nach der langen Pause) ist das alles leider nicht mehr so einfach.

 

Und zu guter Letzt: Welche Projekte stehen in nächster Zeit an? Woran schreibst Du gerade?

Ich schreibe gerade am dritten Band der #SwedishRomance-Reihe. Der Plan ist, dass in diesem Jahr insgesamt drei Bände erscheinen sollen. Ich hoffe, es klappt so, wie ich mir das vorstelle.

Dann möchte ich #CATC2 endlich fertig schreiben. #CATC steht für Crime And The City (crime-and-the-city.de). Ich hatte meinen Debütkrimi als ersten Band dieser Reihe neu herausgegeben und Band zwei hat bereits 63.000 Wörter und möchte endlich das Licht der Buchwelt erblicken.

Außerdem würde ich sehr gerne die beiden bisher erschienen Schwedenroman-Bände als Hörbuch einsprechen und produzieren.

Der rbb-Moderator Uwe Madel hat mich auf der Reinickendorfer Kriminacht als „Erfinderin des 40-Stunden-Tages“ vorgestellt, und diese Magie werde ich wohl auch brauchen, um das alles in diesem Jahr zu schaffen.

 

Liebe Petra, vielen Dank für das interessante Interview und Deine Zeit.

Danke für die schönen Fragen , liebe Carmen!

 

 

Patra A. Bauer

Petra A. Bauer lebt und arbeitet abwechselnd in ihrer Geburtsstadt Berlin und in Schweden.

Mit ihrem Mann hat sie vier gemeinsame Kinder und zwei Enkelkinder.

Die Autorin, Bloggerin und Multimediaworkerin hat bislang 15 Bücher in den Bereichen Ratgeber, Krimi, Kinder- und Jugendbuch, Liebesroman und Fantasy in Verlagen veröffentlicht und betreibt eines der ältesten deutschen Autorenblogs (writingwomans Autorinnenblog, seit 2002).

2018 startete sie zusätzlich das #AbenteuerSelfpublishing und veröffentlicht Bücher in ihrem Eigenverlag lion23book.

Aktuelle Serien

Eine Auswahl ihrer über 800 No- und Low-Content-Bücher ist auf der Website planer-und-lernen.de zu sehen.

Ihr Podcast: Biz Women Life

 

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