Carmens Bücherkabinett: Wie bist Du auf den spanischen Nationalhelden gekommen und was fasziniert Dich an ihm?
Mac P. Lorne: Auf „El Cid“ stieß ich das erste Mal als kleiner Junge als meine Tante mit mir in den amerikanischen Monumentalfilm mit Charlton Heston und Sophia Loren ging. Allein hätte ich noch nicht hineingedurft. Und seither immer wieder. Mein Roman „Der Herzog von Aquitanien“ spielt zu großen Teilen in Nordspanien, da war es unvermeidbar. Christina, die Tochter des Cid, war Stammmutter des Geschlechts, aus dem Berengaria, die Gemahlin von Richard Löwenherz, stammte, und selbst Robin Hood kämpfte in „Das Blut des Löwen“ in der Schlacht von Las Navas de Tolosa gegen die Mauren und wandelte auf den Spuren des Cid. Es war also nahezu unvermeidlich, dass ich ihn mir selbst einmal vornehmen musste.
Und was mich an ihm fasziniert? Er reiht sich in die Reihe der Protagonisten ein, mit denen ich mich vor ihm beschäftigt habe. Sie tun selten, was man von ihnen erwartet, sondern gehen ihre eigenen Wege, die sie für richtig halten. Der Cid war z.B. nie ein kompromissloser Vasall seines Königs, sondern forderte seinen Lehnsherrn oft genug heraus. Loyalität ja, aber nur, wenn sie auf Gegenseitigkeit beruhte. Und daran ließ Alfonso VI. es oft missen, verbannte seinen erfolgreichen Gefolgsmann gleich zweimal, was diesen veranlasste, sein eigenes Reich zu gründen. Sklavischer Kadavergehorsam war nicht das Ding des Cid, und das imponiert mir an ihm, denn es war zur damaligen Zeit keineswegs selbstverständlich.
Und er war ein Wanderer zwischen den Welten, hatte keine Berührungsängste zur maurischen Kultur. Im Gegenteil, er beherrschte arabisch in Wort und Schrift, ebenso wie das Lateinische. Ein unschätzbarer Vorteil im Spanien des 11. Jahrhunderts! Der Cid verbündete sich mit gemäßigten Mauren in den Emiraten von al Andalus gegen deren fanatische Glaubensbrüder aus Nordafrika und kämpfte Seite an Seite mit ihnen gegen die Almoraviden. Er war also keineswegs ein Held der Reconquista, wie gern behauptet wird, sondern ein Mann, der in schwerer Zeit tat, was ein Mann tun musste, wie Winston Churchill einmal sagte.
Carmens Bücherkabinett: Wie stellte sich die Recherche dar, da die Quellen zu El Cid doch recht dürftig zu sein scheinen?
Mac P. Lorne: Nun, es gibt schon eine Reihe von Veröffentlichungen über Don Rodrigo de Vivar, wie sein eigentlicher Name lautete. Allerdings keinen Roman über ihn, zumindest nicht im deutschsprachigen Raum. Erste Quellen hatte ich schon bei der Recherche zu den oben genannten Büchern gefunden. Und wenn man einmal ein Ende des Fadens hat, wird es leichter, ihn aufzurollen. In der Bibliographie am Ende des Romans verweise ich explizit auf die zu Rate gezogenen Literatur.
Fertig lesen: Interview mit Mac P. Lorne zu „Sie nannten ihn Cid“